Interview mit Fernlehrgangsabsolventen
Andreas Sommers hat sich per Fernlehrgang zum Ernährungsberater weitergebildet. Das Fernstudium hat sich für ihn als ideale Lernmethode herausgestellt. Und auch beruflich konnte er sich im Ernährungsbereich bestens etablieren. Im Interview erzählt er von seinen Erfahrungen.
Irgendwann muss sich jeder entscheiden, wie es beruflich weitergeht. Was gab bei Ihnen den Anstoß, sich noch einmal zum Ernährungsberater weiterzubilden?
Mit 30 brach bei mir eine Hautkrankheit aus (Psoriasis). Die übliche Ärzte- und Medikamententour begann und es zeichnete sich nach ein paar Jahren ab, dass dieser Weg nicht funktioniert. Ich begann, meine Lebensumstände zu hinterfragen. Es wurde mir schnell klar, dass die Ernährung der Schlüssel für viele Reaktionen (um das Wort Krankheiten zu vermeiden) ist.
Kochen war schon von Jugend an eine Leidenschaft, wenn ich bis dato (aus heutiger Sicht) auch nicht besonders gut gekocht habe. In meinem Job wurde ich immer unzufriedener, ich trat auf der Stelle, fühlte mich (als kreativer Mensch) immer eingezwängter und die Arbeit bot mir keine Perspektive. Ganz praktisch begann ich, mich für das Brotbacken zu interessieren.
Der eigentliche Auslöser war aber ein anderer. In den Medien war immer wieder zu lesen und zu hören: „Sich gut zu ernähren sei teuer und nur für Bessergestellte möglich“. Da regte sich entschiedener Widerspruch bei mir. Ein Kilo hochwertiges Mehl kostet 1,50 Euro (Bio 2,50), ein Hefewürfel 10 ct. Wasser, Salz ein Backofen, etwas Arbeit und man hat 1,5 kg gutes Brot für 2 Euro. Sich gut zu ernähren ist nicht teuer, man muss sich nur wieder in die Küche stellen. Ich bot meine ersten Brotback-Seminare an. Schnell wurde aber klar, ich brauchte eine Qualifikation.
Durch meine Lebensumstände war der Boden bereitet. In Absprache mit meiner Frau entschied ich mich für das Fernstudium (Wissend um die nicht geringen Kosten und die hohe Abbrecherquote). War die anfängliche Motivation die bloße Qualifikation, wurde mir schnell klar, hier hatte ich meine Passion gefunden.
Sie haben sich für einen Fernlehrgang entschieden. Welchen Eindruck haben Sie vom Fernlernen zu Hause gewonnen – kein Problem oder eine große Überwindung, z.B. in puncto Motivation?
Ich habe die Schule gehasst, habe mein Abitur nur auf Druck der Eltern und meines Umfeldes mehr schlecht als recht gemacht. Ein paar Jahre später habe ich einen Versuch zu studieren gestartet und gleich nach einem Semester wieder abgebrochen. Der Widerwille war zu stark.
Der Fernlehrgang hat sich für mich als ideales Lernen herausgestellt. Ich konnte in meinem eigenen Tempo arbeiten. Dingen nachgehen, die bei den jeweiligen Themen für mich interessant waren und mich so den Stoffen auf meine ganz eigene Weise nähern. Das hat meine Motivation unglaublich angekurbelt.
Nicht selten habe ich mir gewünscht, diese Freiheiten auch schon zu Schulzeiten gehabt zu haben, meine Vita hätte dann wohl anders ausgesehen.
Mussten Sie bestimmtes Vorwissen mitbringen, um den Lehrgang gut meistern zu können?
Von der ILS wurde natürlich ein gewisser Standard erwartet (Anmerkung: Abitur oder berufliche Ausbildung in einem verwandten Beruf, die aktuellen Voraussetzungen können in der Rubrik „Zugangsvoraussetzungen" nachgelesen werden.). Ich glaube aber nicht, dass wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ein Interessent abgelehnt wird. Wichtiger als Voraussetzung würde ich aber heute raten, die Motivation zu hinterfragen. Insbesondere für denjenigen, der mit der Ernährung sein Geld verdienen möchte.
„Ich bin Ernährungsberater, esse aber trotzdem alles!“ - könnte dieser Satz so oder so ähnlich von Ihnen stammen oder sind bestimmte Lebensmittel und Zusätze jetzt absolut tabu?
Weder das Eine noch das Andere könnten von mir stammen. Zuvorderst gibt es keine „guten“ und „schlechten“ Lebensmittel. Das Stigmatisieren ist der falsche Weg. Und was das Essen angeht, würde ich sagen: „Iss nichts, was Deine Urgroßmutter nicht auch gegessen hätte.“
Die Ernährung – besser der Stoffwechsel eines jeden Menschen - ist so individuell, dass es eigentlich keine einfachen Antworten gibt.
Das macht eine seriöse Ernährungsberatung auch so schwierig. Denn gerade im Bereich der Ernährung tummeln sich Unmengen an Auguren, die immer wieder aufs Neue den Menschen den Stein der Ernährungsweisen versuchen zu verkaufen.
Sie halten nun unter anderem als Ernährungsberater Seminare ab und bieten Kochevents an. Fiel Ihnen der berufliche Einstieg nach dem Fernstudium schwer?
Überhaupt nicht, da ich bereits vor dem Studium meine ersten Brotback-Seminare veranstaltet habe. Jedoch hat sich mein Konzept auch weiterentwickelt. Heute zeige ich den Menschen vor allem, wie man mit Lebensmitteln umgeht, ich bringe ihnen wieder das Kochen bei.
Hier würde ich auch jedem raten, nicht mit allzu fest gefügten Konzepten diesen Weg zu beschreiten. Die Ernährung des Menschen ist ein hochinteressantes Thema mit vielen Facetten. Man sollte bereit sein, sich durch seine Tätigkeit immer weiter zu entwickeln.
Inzwischen sind Sie Autor zu Ernährungsthemen, bieten Ihr eigenes Brot an und arbeiten an einer Ganztagsschule. Erzählen Sie doch abschließend noch ein bisschen darüber, was genau Sie da alles tun.
Das Brot ist nach wie vor mein Kernthema. Über das Brot kam ich zur Geschichte des Brotes und somit auch zur Geschichte der menschlichen Ernährung. Hier habe ich auch einen guten Ansatz für meine Seminare gefunden. In den Geschichten rund um das Essen und Trinken schaffe ich es, die Lebensmittel wieder in den Mittelpunkt zu rücken. Wie hat man früher gekocht? Wie war das vor Dr. Oetker, Nestlé und Unilever? Essen und Trinken werden so wieder als Kulturform lebendig. Die Freude an der Zubereitung – so wie Oma schon gekocht hat – ist geweckt.
Ich meine zu spüren, dass viele Menschen in der klassischen Ernährung einen gangbaren Weg für sich sehen. Regional, Lebensmittel vom Selbsterzeuger, transparent und ehrlich. Zu viele „Ernährungsmodelle“ (Bio, Low Carb, Logi, vegetarisch oder Urzeitdiät usw.) haben sich als Modetrends, Geschäftemacherei, einfach wirkungslos herausgestellt. Jedes Jahr wurde eine neue Sau durchs Ernährungsdorf getrieben, die Menschen sind verunsichert. Sie finden an der - zwar oft romantisierten, aber nicht der schlechtesten – Vorstellung des gemeinsamen Familienessens wieder Gefallen. „Dort wo man sich mit Begeisterung über ein Stück besonderen Käse unterhalten kann, da sitzen Sie richtig“, pflege ich oft zu sagen.
Mein neustes Buch „hartes Brot“ zur Geschichte des Brotes kommt sehr gut an, insbesondere die 18 zeitgenössischen Rezepte, die ich entwickelt habe. Ich stehe auf dem Wochenmarkt mit meinen selbst entwickelten Brotbackmischungen und natürlich mit meinen naturgesäuerten Broten. Ich führe meine Sauerteigkulturen seit vielen Jahren und gelte hier als Experte. Insbesondere meine klassischen Schwarzbrote erfreuen sich sehr großer Beliebtheit. Ich biete meinen Kunden auch individuelle Brote an. Brote für Diabetiker, weizenfreie Brote, hefefreie, glutenfreie – neben dem „Bäckereiwahnsinn“ habe ich mir meine kleine Nische geschaffen.
Meine Seminare und Kurse und meine Markttätigkeit finden meistens abends und am Wochenende statt. Als die offene Ganztagsschule unserer Nachbargemeinde nach ehrenamtlichen Kursleitern mit neuen Ideen suchte, war es mehr eine spontane Idee, mich dort zu bewerben. Ernährung mit Kindern war ein Thema im Studium, meine Frau und ich haben keine Kinder. Die Gelegenheit neue Erfahrungen zu sammeln. Nach dem ersten halben Jahr mit 10 – 12 Kindern (Klasse 5-7) in der Schulküche, hätte ich es fast schon bleiben lassen. Aber ich habe es gelernt mich auch in diesem Umfeld durchzusetzen und habe heute (mittlerweile Honorarkraft) viel Freude an der Arbeit mit den Kindern.
Aroma und Geschmack werden in der (frühesten) Kindheit geprägt und begleiten uns ein Leben lang. War es doch zu Urzeiten überlebenswichtig anhand von Geschmack und Aroma Essbares von Ungenießbaren zu unterscheiden, haben wir in heutiger Zeit dieses wichtige Erlernen von Eindrücken sträflicherweise komplett der Lebensmittelindustrie überlassen. Diese Eindrücke bestimmen unser Essverhalten ein Leben lang – und die Industrie weiß das!
Insofern versuche ich den Kindern auch nicht das Kochen beizubringen, sondern das Erleben und Schmecken, das Riechen und Anfassen. Ein Beispiel: Bringe ich Kräuter mit – „Das riecht wie Kaugummi“ – „Nein, das riecht wie Pfefferminze! Und aus Pfefferminze kann man natürlich auch Kaugummi machen“. Wieder lernen, wo die Aromen und Geschmäcker eigentlich herkommen, hier sehe ich die wichtigste Aufgabe in der Arbeit mit den Kindern in der Küche. Es ist mir egal, ob sie alle Vitamine kennen oder das richtige Messer zu schneiden benutzen. Jedoch stehe ich mit diesem Ansatz recht exotisch da.
Naja, und wenn Zeit bleibt, schreibe ich an meinen Büchern. Das neueste Projekt werden meine Erfahrungen mit den Kindern sein. Meine Thesen zur Ernährung von Kindern, das Ganze begleitet mit den Rezepten, die ich in den letzten Jahren mal erfolgreich, mal mit Ablehnung, gekocht habe.